Während allenthalben die Jurys, Kritiker und Fans an ihren Jahresbestenlisten arbeiten – die Jury der KrimiZEIT-Bestenliste veröffentlicht ihre am 15.12. – kommt aus den USA eine irritierende Meldung.
Unter den vielen Bestenlisten, die die angesehene Kirkus Reviews veröffentlicht, findet sich auch eine Liste der „Besten Bücher über schockierende Erzählungen über Ungerechtigkeit“ (Best Books of 2016 About Shocking Tales of Injustice.)
Das macht nachdenklich: Ist es ein Zeichen von Aufgeklärtheit, dass es so viele Bücher über Ungerechtigkeit gibt? Also: Eine Gesellschaft erforscht ihre dunklen Seiten? Oder ist die hohe Zahl dieser Bücher, die eine Auswahl nötig und möglich macht, eher ein Indiz für das Ausmaß der schrecklichen Zustände? Oder ist die Unrechtsliteratur bereits Teil des gewöhnlichen Sensationalismus geworden, mit dem man sich von der Auseinandersetzung mit den üblen Verhältnissen fernhalten kann?
Die Liste selbst umfasst Berichte über staaatliche Gewaltanwendung und Polizeischießereien, Begrenzung der bürgerlichen Rechte nach 9/11, über die Verskalvung der indianischen Ureinwohner, über die Entsehung von ISIS und den Cyberwar. Oder die Geschichte zweier afroamerikanischer Albino-Jungs, die von einem Zirkusunternehmer um 1900 verskalvt wurden. Also die Stimme des liberalen Amerika in zwölf Büchern.