Immer wieder haben uns Fans der Krimibestenliste gebeten, die Tradition der Jahresbestenlisten fortzusetzen.
In diesem Krisenjahr, das durch den unverhofften Rückzug der FAZ von der Herausgeberschaft auch eins für die Krimibestenliste wurde, haben wir uns entschlossen, als Ausdruck des Beharrens auf dem Konzept BESTE KRIMIS wieder eine Jahresbestenliste herauszugeben. Sie erscheint hier als PDF zum Download und beim Deutschlandfunk Kultur im Krimiportal.
Die KRIMIBISTENLISTE 2020 ist entstanden aus einer erneuten Auswahl der Jury aus den Titeln, die es 2020 auf die Krimibestenliste geschafft haben. Die KRIMIBESTENLISTE 2020 spiegelt drei Trends wieder, die für das Krimijahr kennzeichnend waren: Die beiden Spitzentitel von Garry Disher (#1) und von Young-ha Kim (#2) signalisieren die wachsende Bedeutung australischer und (süd-)koreanischer Kriminalliteratur. Und das 50-50-Verhältnis von Autorinnen zu Autoren den erfreulicherweise wachsenden Anteil der sehr guten Autorinnen, die die Anerkennung der Jury gefunden haben. Die Jury ist übrigens mehrheitlich mit männlichen Kritikern besetzt.
Die zunehmende Diversität der internationalen Kriminalliteratur, jedenfalls, soweit sie von der Jury der Krimibestenliste gespiegelt wird, wird deutlich erkennbar bei einem kleinen statistischen Rückblick auf die Titel, die 2020 auf der Krimibestenliste standen:
Sprachen und Nationalitäten:
Von 62 Titeln
waren 34 in englischer Sprache erstveröffentlicht, davon
stammen 22 Autoren aus den USA
4 aus England, 2 aus Schottland, 2 aus Australien, 2 aus Nigeria und je 1 aus Indien und Kanada
waren 14 in deutscher Sprache veröffentlicht, 12 Autoren stammten aus der BRD, je 1 aus Österreich und der Schweiz
waren 6 in französischer Sprache erstveröffentlicht, 4 Autoren stammten aus Frankreich, je einer aus Kanada und der Schweiz
waren 2 in spanischer Sprache erstveröffentlicht, je 1 Autor aus Kolumbien und Argentinien
aus dem Koreanischen waren 2 Titel
je 1 Titel kamen aus Japan, China, Irak, den Niederlanden, Italien
Autoren nach Geschlechtern:
Unter den Autoren waren 43 männlich, 21 weiblich, eingeschlossen die beiden Autoren des Paars Nicci French.
Das heißt: ziemlich genau doppelt so viel Männer wie Frauen haben es 2020 auf die Krimibestenlisten geschafft.
Aber betrachtet man nur die Genderverteilung der ersten 20, die im Laufe des Jahres die meisten Stimmen und höchsten Ränge erzielten, ergibt sich eine bemerkenswerte Verteilung: Die ersten 20 Plätze fielen auf zwölf Frauen und acht Männer.
Das ist die Liste der ersten 20 Titel nach Quantifizierung aller Abstimmungsergebnisse des Jahres:
Ich bin gespannt auf Ihre Kommentare.
Joachim Feldmann meint
Ich habe die gelisteten Romane bis auf ganz wenige Ausnahmen gelesen und bin sehr einverstanden mit der Auswahl. Ich vermisse allerdings den Kanadier Ron Corbett ((Polar), für mich eine der Entdeckungen des letzten Jahres.
Alles Gute und vielen Dank für die Mühe, lieber Tobias.
Tobias Gohlis meint
Ja, lieber Joachim, jeder hat so seine Entdeckungen. Danke für die lobenden Worte.
Mariola Janik meint
Sehr geehrter Herr Gohlis, ich schätze sehr seit Jahren Ihre Arbeit und bedanke mich herzlich für die Weiterführung der Krimiliste. Bleiben Sie gesund. Liebe Grüße M. Janik
Else Laudan meint
Vielen Dank für die wirklich spannenden Drumherum-Infos an dieser Stelle! So bekommen wir nicht bloß die Top Ten des Jahres, sondern auch noch die Top Twenty, was mir sehr gefällt. Und der Quotencheck zur Diversität ist wirklich hochinteressant.
Von meinen Lieblingen des Jahres fehlt hier nur Ivy Pochoda, die sich unerbittlich immer tiefer in mein Beuteschema hineinschreibt, zuletzt mit „Visitation Street“ (ars vivendi). Allgemein gilt bei mir: Mal abgesehen von den sehr fein repräsentierten Eigenproduktionen (Ariadne), was mich natürlich entzückt, ist die Krimibestenliste meine zuverlässige Orientierung, was ich gerade an Lektüre brauche. Von den hier genannten Top 20 hab ich 18 gelesen, den größten Teil davon mit Genuss. (Von den 62 im Gesamtjahr dürfte ich auch 50-60 kennen.) Und alles, was ich am Genre so sehr feiere, wird von der Jury ebenfalls goutiert: Relevanz, Komplexität, Spannung durch starke Settings und Charaktere, Welthaltigkeit, Souveränität im Umgang mit Publikumserwartungen, stilistischer Mut, filmisches Erzählen, kraftvolle Bilder, gutes Traditionelles und gutes Neues. Richtig starke Kriminalliteratur ist für mich nun mal die beste Literatur überhaupt, und diese Qualitätsliste hier ist mir – als Vielleserin – unverzichtbar. Danke und bitte weitermachen und einen guten Rutsch.
Tobias Gohlis meint
Liebe Else, danke für die guten Worte und guten Rutsch in ein besseres 2021! Zu den Top 20: sie sind nicht durch direkte Wahl zustande gekommen, die Liste gibt einen statistischen Eindruck über das Abstimmungsverhalten und enthält damit nur eine annähernde Wertung.
Tobias