Aufzeichnungen eines Serienmörders – das ist nicht gerade ein Titel, von dem man sich in Pandemiezeiten Ermutigung erhofft. Und doch bietet dieser Thriller des koreanischen Autors Young-Ha Kim auf raffinierte Weise Seelentrost, enthalten doch die Notate des siebzigjährigen Byongsu Kim eine komplexe, teils auch paradoxe Reflexion über Zeit, Leben und Sterben.
Wer könnte darüber besser nachsinnen als ein Serienmörder im Ruhestand, dessen Verstand vom Verschwinden durch Alzheimer bedroht ist? Eingestreut in die straffe, aber zwangsläufig immer stärker zwischen Realitätsverlust und Einbildung schwankende Thrillerhandlung sind Erinnerungen an die Bedingungen des Mordens unter der japanischen Besatzung Südkoreas und der späteren Diktatur, aber auch philosophische Gedankenschnipsel. „Alzheimer ist ein schlechter Scherz, den sich das Leben mit einem alten Serienmörder erlaubt“ – derartige zwischen platter Komik und Aphorismus schillernde Perlen von dubiosem Echtheitsgrad machen auch eine wiederholte Lektüre zum Vergnügen.