Siehst Du eine Entwicklung in Deinem Schreiben im Umgang mit Raum und Landschaft?
In jedem Fall würde ich heute versuchen Gebäude und Räume knapp zu beschreiben. (Es gibt Ausnahmen, z.B. wenn man das Erzähltempo verlangsamen will.) In meinem gerade fertiggestellten Roman beschreibe ich einige Szenerien als ob sie Postkarten oder Bilder wären. Da steht dann zum Beispiel:
»… in der Mitte des Bildes eine Landstraße, die zwischen den Feldern ins Endlose zu gehen scheint. Da die Perspektive sehr flach ist, erkennt man, dass der Teer alt und die Straßendecke leicht gewölbt ist.«
Das klingt ein wenig malerisch, war für mich aber passend, da die Geschichte in den 70er Jahren beginnt. Dieses Bild ist also sehr alt. Und ganz so künstlich ist es dann auch nicht, da in den Sätzen zuvor zwei Mädchen beschrieben wurden, die am Straßenrand im Gras sitzen und sich überlegen mit ihren Fahrrädern mal weit weg zu fahren. Ich werde mich vielleicht bald trauen in einer Kleinstadt Szenen einzubauen die zum Beispiel in Hongkong spielen. Weil jemand darüber redet, weil er einen Film gesehen hat. Mit dieser Erweiterung ins Phantastische fange ich gerade erst an. Mir ist oft genug aufgefallen, dass viel über Filmszenen und Schauspieler gesprochen wird und angeblich nehmen manche das Fiktive für bare Münze. Die Vermischung von Realität und Phantasie ist in jedem Fall reizvoll. Vor allem könnte ich dann Hongkong beschreiben, ohne ein schlechtes Gefühl zu haben.
Was sich konkret beim Schreiben verändert hat ist folgendes: Ich beschreibe Räume nicht einfach, ich frage mich, was interessiert meine Figuren an diesem Raum – nehmen wir an sie treffen sich in der Dorfkneipe.
Vielleicht nur die Zapfhähne und die Laune der Wirtin, weil sie, so wie ich damals, hier schon als sechzehnjährige Bier bekommen? Oder die Lautsprecherboxen und die bunten Lichtquellen, weil sie tanzen wollen? Oder gar nichts. Weil sie nur gespannt sind, ob Lisa und Marie auch kommen werden. Oder haben sie vielleicht Angst jemandem zu begegnen? Auch dann sehen sie möglicherweise nur Gesichter und Körper. Ich würde den Ort zwar immer noch wie ein Erzähler beschreiben, aber fast nur noch das, was meine Figuren wirklich von ihm wahrnehmen. Ich würde auf den Überblick nicht ganz verzichten, da ich meine Leser nicht unnötig verwirren will aber das Wort Dorfgaststätte würde mir in diesem Fall fast schon reichen.
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